Die Diplomatie in Krisenzeiten geht weiter: Nach Scholz und Baerbock reist auch Pistorius nach Tel Aviv.
19.10.2023 - 14:49:57Verteidigungsminister Pistorius zu Gesprächen in Israel. Für die Außenministerin geht es derweil zu Krisengesprächen nach Jordanien, Israel und in den Libanon.
Verteidigungsminister Boris Pistorius ist zu Gesprächen über die militärische Zusammenarbeit nach Israel gereist. Der SPD-Politiker landete mit seiner Delegation in Tel Aviv und will seinen Amtskollegen Joav Galant treffen. Nach dem Großangriff der islamistischen Hamas auf Israel soll die Reise ein Zeichen der Solidarität setzen.
Erwartet wird, dass die beiden Minister auch über die von Israel erbetenen Lieferung von Material für die Streitkräfte sprechen, darunter Sanitätsausrüstung. Pistorius war zuvor im Libanon, wo er deutsche Soldaten traf, die dort für die UN-Mission Unifil im Einsatz sind.
Pistorius warnt vor weiteren Eskalation
Zuvor war Pistorius in den Libanon gereist, um sich über die wachsenden Spannungen im Nahen Osten zu informieren. Pistorius warnte in der libanesischen Hauptstadt vor einer weiteren Eskalation im Nahost-Konflikt. Die Lage könne sich noch weiter dramatisch entwickeln, sagte der SPD-Politiker in Beirut bei einem Besuch auf der deutschen Korvette «Oldenburg», die ein Beitrag zur UN-Mission Unifil ist. Es sei gut, dass das Schiff auch für mögliche Evakuierungen deutscher Staatsbürger bereit sei.
«Die Lage wird als angespannt beschrieben», sagte der Minister zu den Bedingungen des UN-Einsatzes im Libanon. Die Männer und Frauen hätten derzeit aber keinen Anlass, sich um ihre Sicherheit Sorgen zu machen. Bei einer Rakete, die im Umfeld des Unifil-Hauptquartiers im südlibanesischen Nakura eingeschlagen sei, habe es sich um einen Irrläufer gehandelt. Dort sind etwa 40 der insgesamt rund 140 deutschen Unifil-Soldaten stationiert.
Die UN-Mission überwacht auch das Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon, wo es nach dem Großangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober ebenfalls zu Gefechten kam. International gibt es die Befürchtung, die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah, die vom Iran unterstützt wird, könnte verstärkt in den Konflikt eingreifen und Israel eine zweite, nördliche Front aufzwingen. Die Hisbollah unterhält enge Verbindungen zur Hamas.
Auch Außenministerin Annalena Baerbock startete angesichts des Gaza-Kriegs zu einer neuen Runde von Krisengesprächen nach Jordanien, Israel und in den Libanon.
Vor dem Flug nach Jordanien versicherte die Grünen-Politikerin Israel die «unverbrüchliche Solidarität» der Bundesregierung. «Der Kampf gilt der Hamas, nicht der palästinensischen Zivilbevölkerung» - auch diese leide enorm, erklärte Baerbock zugleich. Sie wolle die Reise nutzen, sich für die Freilassung der Hamas-Geiseln einzusetzen, unter denen Deutsche sind.
Um die Unterstützung für die Zivilbevölkerung in Gaza zu koordinieren, habe sie eine Sondergesandte für Fragen der humanitären Hilfe im Nahen Osten ernannt, teilte Baerbock mit. Deutschland stehe bereit, umfassend Hilfe zu leisten. Man arbeite intensiv daran, dass deutsche Staatsbürger so rasch wie möglich aus Gaza ausreisen könnten. Das Auswärtige Amt geht davon aus, dass sich eine niedrige dreistellige Zahl an Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft im abgeriegelten Gazastreifen aufhält.
Baerbock an Palästinenser: Sehen Euer Leid
«Schon viel zu viele Frauen, Männer und Kinder sind gestorben», kritisierte Baerbock. «Mir ist daher wichtig, den Palästinenserinnen und Palästinensern deutlich zu machen, dass wir auch ihr Leid sehen. Auch deswegen reise ich in die Region.» Die Bundesaußenministerin will zunächst Gespräche in Jordaniens Hauptstadt Amman führen. Am Freitag will sie nach Israel und anschließend in den Libanon reisen.
«Terror-Kalkül darf nicht aufgehen»
Baerbock betonte das Recht Israels, sich gegen den Hamas-Terror zu verteidigen - «in dem Rahmen, den das Völkerrecht für solche Ausnahmesituationen vorgibt». Der Terror ziele auch darauf, die bisherigen Annäherungsschritte zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn in Gefahr zu bringen und die arabischen Länder vom globalen Norden zu trennen. «Dieses terroristische Kalkül darf nicht aufgehen», warnte die Ministerin.
AA mit «Sonderkrisenstab Geiseln»
«Ich werde diese Reise nutzen, um mit all denen, die über Kanäle zur Hamas verfügen, darüber zu sprechen, wie die Geiseln freigelassen werden können und weitere Kontakte herstellen», kündigte Baerbock an. Im Rahmen des Krisenstabs der Bundesregierung im Auswärtigen Amt habe man einen Sonderkrisenstab Geiseln eingerichtet. Dieser arbeite rund um die Uhr an der Freilassung der deutschen Geiseln und koordiniere die beteiligten Ressorts und Behörden. Bisher hat die Bundesregierung keinen direkten Kontakt zu den Geiseln. Baerbock war schon vergangenen Freitag und Samstag zu Gesprächen in Israel und Ägypten.
Britischer Außenminister besucht Ägypten, Katar und Türkei
Auch der britische Außenminister James Cleverly will zu weiteren Gesprächen in strategisch wichtige Staaten reisen. Cleverly wolle Partner in Ägypten, Katar und der Türkei treffen, teilte sein Ministerium in London am Morgen beim Kurznachrichtendienst X (früher Twitter) mit. Ziel der dreitägigen Reise seien Bemühungen, um etwa eine Ausweitung des Konflikts zu verhindern.