Getreide, Russland

Der türkische Präsident will mit dem Kremlchef über eine Wiederaufnahme des im Juli ausgesetzten Abkommens zum Export von ukrainischem Getreide sprechen.

04.09.2023 - 12:35:21

Treffen zwischen Putin und Erdogan hat begonnen. Das ist von Bedeutung für die Welternährung.

Die Verhandlungen zwischen Russlands Präsident Wladimir Putin und seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan über das Getreideabkommen haben begonnen. Beide Seiten zeigten sich am Montag in Sotschi mit Blick auf das Getreideabkommen gesprächsbereit.

Er wisse, dass Erdogan bei dem Treffen den Getreidedeal ansprechen wolle, sagte Putin. «Wir sind offen für Verhandlungen zu dieser Frage», sagte er zu Beginn des Gesprächs. Erdogan sagte: «Die Nachricht, die wir der Welt nach unserem Treffen übermitteln werden, wird insbesondere für weniger entwickelte afrikanische Länder ein bedeutender Schritt sein.»

Erdogan ist nach Russland gereist, um für eine Wiederbelebung des Abkommens zur Ausfuhr von ukrainischem Getreide zu werben. Die Türkei hatte die Vereinbarung im Sommer 2022, die die russische Seeblockade ukrainischer Häfen beendete, auch im eigenen Interesse mitvermittelt. Mitte Juli hatte Russland das Abkommen ausgesetzt.

Kreml stellt Bedingungen

Putin hatte für eine Rückkehr zu dem im vorigen Jahr unter Vermittlung der Erdogan-Regierung und der Vereinten Nationen ausgehandelten Abkommen Bedingungen gestellt. So sollten die vom Westen im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine erlassenen Sanktionen gelockert werden, damit Moskau auch eigenes Getreide und Düngemittel wieder ungehindert exportieren kann. Für die Türkei sind auch die russischen Gaslieferungen durch das Schwarze Meer wichtig.

Es ist das erste Treffen der beiden Staatschefs seit Erdogans Wiederwahl im Mai. Die Beziehungen beider Länder sind keineswegs unbelastet, nicht nur im Bürgerkriegsland Syrien stehen sie sich als Konfliktparteien gegenüber. In der Konfliktregion Berg-Karabach steht die Türkei auf der Seite von Aserbaidschan, das 2020 einen Krieg um das Gebiet gegen Armenien gewonnen hatte. Armenien hingegen sieht sich von Putin und der Schutzmacht Russland im Stich gelassen.

Türkei nicht an Sanktionen beteiligt

Im Krieg in der Ukraine tritt der türkische Präsident als Vermittler zwischen Moskau und Kiew auf und unterhält zu beiden Konfliktparteien enge Kontakte. Das Nato-Mitglied Türkei beteiligt sich nicht an den Sanktionen des Westens gegen Russland.

Russland ließ das Getreideabkommen im Juli auslaufen. Die Sicherheitsgarantien für den Schiffsverkehr mit ukrainischen Häfen wurden aufgehoben. Das führte zu einer neuen Seeblockade. Vorher hatte das Agrarland Ukraine trotz der russischen Invasion seit Sommer 2022 auf dem Seeweg etwa 33 Millionen Tonnen Getreide und andere landwirtschaftliche Produkte ausgeführt. Das vom Krieg gezeichnete Land ist dringend auf die Einnahmen aus dem Export angewiesen.

Die Ukraine und Russland sind wichtige Lieferanten von Weizen, Gerste, Sonnenblumenöl und anderen Nahrungsmitteln - insbesondere für Länder in Afrika, im Nahen Osten und in Teilen Asiens. Vor Kriegsbeginn war Russland außerdem der weltweit größte Exporteur von Düngemitteln. Der Ausfall dieser Lieferungen nach der russischen Invasion im Februar 2022 trieb die Lebensmittelpreise weltweit in die Höhe und schürte die Sorge vor einer Hungerkrise in ärmeren Ländern.

Getreide wichtig für Afrika und Asien

Russland hat im Süden der Ukraine zuletzt die Schwarzmeer- und die Donauhäfen in der Region Odessa mit Raketen- und Drohnenangriffen überzogen und dabei wichtige Infrastruktur für den Getreideexport zerstört. Die Ukraine warf Russland deshalb Terror vor mit dem Ziel, den für die Welternährung wichtigen Transport von Getreide etwa nach Afrika oder Asien verhindern zu wollen. Bei den Gesprächen in Sotschi sind keine Vertreter der UN oder der Ukraine dabei, mit einem nachhaltigen Durchbruch ist deshalb kaum zu rechnen.

Kurz vor neuen russischen Angriffen am Wochenende hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mitgeteilt, dass zwei weitere Frachtschiffe den von Kiew eingerichteten Getreidekorridor im Schwarzen Meer passiert hätten. Nach dem Ausstieg Russlands aus dem Abkommen versucht Kiew, den Export trotz des Risikos durch Moskauer Angriffe zu organisieren.

Russland hatte gedroht, Schiffe, die ukrainische Häfen anlaufen, als Träger militärischer Fracht anzusehen. Selenskyj forderte nun die westlichen Verbündeten einmal mehr auf, noch mehr Flugabwehrsysteme zu liefern, um die Region besser vor den russischen Attacken zu schützen. So will die Ukraine auch die Lufthoheit zurückerlangen.

@ dpa.de