Habeck, Israel

Der Internationale Gerichtshof setzt Israel im Gaza-Krieg mit einer Entscheidung unter Druck.

25.05.2024 - 21:58:42

Habeck wirft Israel völkerrechtswidriges Vorgehen vor. Jetzt kritisiert auch Vizekanzler Habeck Israel mit ungewöhnlich deutlichen Worten. Der Überblick.

  • Vizekanzler Robert Habeck fand beim Demokratiefest in Berlin deutliche Worte für das Vorgehen Israels im Gazastreifen. - Foto: Christophe Gateau/dpa

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  • Eine israelische Panzerhaubitze feuert eine Granate ab. - Foto: Jamal Awad/Xinhua/dpa

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Vizekanzler Robert Habeck fand beim Demokratiefest in Berlin deutliche Worte für das Vorgehen Israels im Gazastreifen. - Foto: Christophe Gateau/dpaEine israelische Panzerhaubitze feuert eine Granate ab. - Foto: Jamal Awad/Xinhua/dpa

Vizekanzler Robert Habeck hat Israels Vorgehen im Gaza-Krieg als völkerrechtswidrig kritisiert. «Selbstverständlich muss Israel sich an das Völkerrecht halten. Und die Hungersnot, das Leid der palästinensischen Bevölkerung, die Angriffe im Gazastreifen sind – wie wir jetzt auch ja gerichtlich sehen – mit dem Völkerrecht nicht vereinbar», sagte Habeck in einem Bürgergespräch beim Demokratiefest anlässlich des 75-jährigen Grundgesetz-Jubiläums in Berlin.

«Das heißt, es ist in der Tat so, dass Israel dort Grenzen überschritten hat, und das darf es nicht tun.» leichzeitig verwies der Grünen-Politiker darauf, dass die Hamas im Gazastreifen den Krieg sofort beenden könnte, wenn sie ihre Waffen niederlegen würde.

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, hatte am Montag Haftbefehle wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Galant beantragt, über die das Gericht aber noch entscheiden muss. Gestern hatte dann der Internationale Gerichtshof Israel verpflichtet, den Militäreinsatz in Rafah sofort zu beenden. Mit der Entscheidung entsprach das höchste Gericht der Vereinten Nationen in Den Haag einigen Forderungen, die Südafrika in einem Eilantrag gestellt hatte. 

Scholz: Völkerrecht muss beachtet werden

Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz bekräftigten die Warnungen der Bundesregierung vor einer großangelegten Militäroffensive in der Stadt Rafah im Süden Israels. «Unsere Aussage ist, dass die Kriegsführung immer so gemacht werden muss, dass sie die Regeln des Völkerrechts beachtet», sagte Scholz bei einem Bürgergespräch in seinem Potsdamer Wahlkreis. «Deswegen sind wir auch immer sehr klar gewesen zu sagen: Eine Offensive in Rafah können wir uns nicht vorstellen ohne furchtbare, unverantwortbare menschliche Verluste.» 

Habeck wies darauf hin, dass die Bundesregierung immer gesagt habe, «dass Israel diesen Angriff nicht vornehmen darf, jedenfalls nicht so, wie es davor im Gazastreifen umgegangen ist: Bombardements von Flüchtlingslagern und so weiter.»

Israel setzte am ungeachtet der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs den Militäreinsatz in Rafah fort. Israelische Soldaten töteten mehrere palästinensische Bewaffnete, die zuvor auf die Israelis geschossen hatten, teilte die Armee mit. Zudem habe man in Rafah weitere Waffenlager und Tunnelschächte gefunden. Bei einem israelischen Luftangriff sei in Rafah ein Zivilist ums Leben gekommen, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa unter Berufung auf Krankenhausmitarbeiter. Alle Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. 

Israel weist Vorwürfe zurück

In der Stellungnahme des israelischen Außenministeriums und des Büros für nationale Sicherheit hieß es weiter, Israel habe in Rafah keine Militäraktionen durchgeführt, die Lebensbedingungen schafften, «die zur vollständigen oder teilweisen Vernichtung der palästinensischen Zivilbevölkerung führen könnten». Israel werde seine Bemühungen fortsetzen, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen und im Einklang mit dem Gesetz handeln, um den Schaden für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen so weit wie möglich zu verringern. Auf die Anordnungen des IGH ging die Stellungnahme nicht näher ein.

USA: «Wir haben unsere Position zu Rafah klar und deutlich dargelegt»

Das US-Außenministerium reagierte lediglich mit einem Satz auf die IGH-Entscheidung: «Wir haben unsere Position zu Rafah klar und deutlich dargelegt», sagte ein Ministeriumssprecher auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur. Die USA als Israels wichtigster Verbündeter hatten zuletzt erklärt, die Einsätze in Rafah hätten bislang nicht das Ausmaß erreicht, vor dem die US-Regierung gewarnt habe.

Die USA lehnen eine große israelische Bodenoffensive in Rafah ab. Die bisherigen israelischen Einsätze «waren gezielter und begrenzter und umfassten keine größeren Militäroperationen im Zentrum dicht besiedelter städtischer Gebiete», hatte der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, gesagt.

Auslöser des Krieges war ein beispielloses Massaker von Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppierungen am 7. Oktober vergangenen Jahres im israelischen Grenzgebiet. Bei dem Terrorangriff wurden mehr als 1200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Im Zuge der anschließenden militärischen Offensive Israels in Gaza sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher mehr als 35.800 Menschen getötet worden.

Indirekte Gaza-Verhandlungen könnten weitergehen

Israel, Katar und die USA haben sich für die Fortführung der feststeckenden indirekten Verhandlungen über eine Geiselfreilassung und Waffenruhe im Gazastreifen in der nächsten Woche ausgesprochen. Dies sei das Ergebnis von Gesprächen, die der CIA-Direktor William Burns, Mossad-Chef David Barnea und der katarische Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani in Paris führten, wie der gut vernetzte israelische Journalist Barak Ravid unter Berufung auf einen israelischen Regierungsbeamten auf X berichtet.

Die indirekt geführten Verhandlungen, bei denen Ägypten, Katar und die USA vermitteln, waren im April in eine Sackgasse geraten. Im Wesentlichen geht es darum, dass die radikalislamische Hamas die von ihr in den Gazastreifen verschleppten israelischen Geiseln freilässt. Im Gegenzug dafür soll Israel eine große Zahl palästinensischer Häftlinge aus seinen Gefängnissen entlassen. Weiter soll der jüdische Staat seinen Militäreinsatz im Gazastreifen einstellen - ob zeitlich befristet oder endgültig, ist einer der Streitpunkte der schwierigen Verhandlungen.

Das israelische Kriegskabinett hatte am letzten Donnerstag den Spielraum des israelischen Verhandlerteams erweitert. Dies machte es offenbar möglich, dass die indirekten Gespräche zwischen Israel und der Hamas weitergehen können.

Anlegestelle für Gaza-Hilfe beschädigt

Hohe Wellen und stürmischer Seegang haben die vor gut einer Woche fertiggestellte provisorische Anlegestelle für humanitäre Lieferungen in den Gazastreifen beschädigt. Wegen des Seegangs hätten sich vier an der Mission beteiligte US-Militärschiffe aus ihrer Verankerung gelöst, teilte das für den Nahen Osten zuständige US-Regionalkommando (Centcom) mit. Zwei der Schiffe ankerten nun am Strand nahe dem temporären Pier vor dem Gazastreifen. Die beiden anderen seien vor der israelischen Küste bei Aschkelon gestrandet. Die Stadt liegt rund 15 Kilometer von Gaza entfernt.

Das israelische Militär helfe bei der Bergung aller vier Schiffe, hieß es in der Mitteilung. US-Soldaten würden den Gazastreifen nicht betreten. Es gebe keine Verletzten und der Pier sei weiter funktionsfähig. Centcom kündigte an, weiter über den Vorgang zu informieren.

Augenzeugen hatten zuvor berichtet, dass der Behelfshafen für Hilfstransporte derzeit nicht in Betrieb sei. Arbeiter seien damit beschäftigt, den Schaden zu reparieren. Die Webseite des israelischen Fernsehsenders N12 hatte berichtetet, dass Teile der Anlegestelle von der starken Strömung an die Küste bei Aschdod getrieben worden seien. Die israelische Stadt liegt gut 30 Kilometer von Gaza entfernt.

Die provisorische Anlage war vor gut einer Woche fertiggestellt worden. Frachter bringen dabei Hilfslieferungen von Zypern aus zunächst zu einer schwimmenden Plattform einige Kilometer vor der Küste des Gazastreifens.

@ dpa.de