Das Wichtigste zum Schluss: Am letzten Tag seiner China-Reise wird der Kanzler von Präsident Xi empfangen.
16.04.2024 - 07:31:32China setzt auf enge Kooperation mit Deutschland. Der findet zu Beginn des Gesprächs warme Worte. Scholz wird dagegen konkret und deutlich.
Der chinesische Präsident Xi Jinping hat zu Beginn seines Treffens mit Bundeskanzler Olaf Scholz für eine enge Zusammenarbeit beider Ländern trotz bestehender Differenzen geworben. «Gemeinsam können wir der Erde mehr Stabilität und Sicherheit einhauchen», sagte Xi laut offizieller Übersetzung. «Solange man an den Prinzipien des gegenseitigen Respekts, (der) Suche nach Gemeinsamkeiten trotz Differenzen und des gegenseitigen Lernens festhält, können die bilateralen Beziehungen sich weiterhin stabil entwickeln.»
Scholz nennt russischen Angriffskrieg als Thema Nummer eins
Während die Eingangsworte Xis blumig blieben, wurde Scholz konkret und sprach als Erstes den Ukraine-Krieg in aller Deutlichkeit an. «Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die Aufrüstung Russlands haben ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa», sagte er zu Xi, der als wichtigster Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt. Der Westen wirft China vor, Russland mit Gütern zu versorgen, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können und so die russische Kriegswirtschaft zu unterstützen.
Die Auswirkungen des Krieges beeinträchtigten europäische Kerninteressen unmittelbar, sagte Scholz. «Mittelbar beschädigen sie die gesamte internationale Ordnung, denn sie verletzen einen Grundsatz der Charta der Vereinten Nationen: den Grundsatz der Unverletzlichkeit von Staatsgrenzen.»
Der Kanzler erinnerte daran, dass er bei seinem letzten Besuch zusammen mit Xi deutlich gemacht habe, dass mit dem Einsatz von Nuklearwaffen nicht einmal gedroht werden dürfe. «Gerne möchte ich mit Ihnen heute darüber diskutieren, wie wir mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen können.» Scholz hatte bereits vor seiner Reise dafür geworben, dass China wie auch andere Russland freundlich gesinnten Staaten an der für Juni geplanten Friedenskonferenz in der Schweiz teilnimmt.
Xi: China keine Partei im Ukraine-Krieg
Der chinesische Staats- und Regierungschef Xi Jinping hat laut Angaben aus Peking betont, dass China nicht am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beteiligt sei. China sei keine Partei und kein Beteiligter in der Ukraine-Krise, hieß es in einer Mitteilung am Dienstag nach dem Treffen der beiden in Peking. Stattdessen habe China stets «die Friedensgespräche auf seine eigene Weise gefördert», sagte Xi demnach.
Eine internationale Friedenskonferenz «zu gegebener Zeit» unterstütze Peking, allerdings müssten Russland und die Ukraine diese akzeptieren, sagte der Chinese. Für die geplante Konferenz in der Schweiz sagte Moskau bereits ab. Die chinesische Antwort auf eine Einladung des Alpenstaates steht noch aus.
Xi spricht von «neuer Epoche der Turbulenzen und der Umbrüche»
Xi sagte ganz allgemein, dass eine «neue Epoche der Turbulenzen und der Umbrüche» begonnen habe, in der die Risiken für die gesamte Menschheit zunähmen. «Um diese Fragen zu lösen, ist es unabdingbar, dass zwischen den Großmächten die Kooperation die Oberhand gewinnt.» In diesem Sinne sei eine stabile Zusammenarbeit der großen Volkswirtschaften Deutschland und China wichtig. Sie werde «nicht nur auf dem gesamten eurasischen Kontinent, aber auch auf die ganze Welt großen Einfluss ausüben».
Scholz sprach neben dem Ukraine-Krieg auch den Klimaschutz konkret an und warb für eine engere Zusammenarbeit. «Unsere beiden Staaten tragen Verantwortung für den Schutz globaler öffentlicher Güter», sagte er. China stößt weltweit mit Abstand am meisten klimaschädliche Treibhausgase aus.
Scholz machte sich auch für ein regelbasiertes Handelssystem stark, wie es von der Welthandelsorganisation WTO verkörpert werde. «Sowohl China als auch Deutschland sind Handelsnationen, die von der WTO stark profitieren. Wir setzen uns dafür ein, das Regelwerk für den globalen Handel zu stärken und gemeinsam mit den anderen WTO-Mitgliedern weiterzuentwickeln.»
Versteckte Mahnung mit Blick auf Taiwan
Scholz hatte bereits vor seinem Abflug nach Peking klare Worte an die chinesische Führung gerichtet. Er werde darauf hinweisen, dass Russland einen Eroberungskrieg gegen die Ukraine führe, «und genau darauf bestehen, dass niemand mithelfen darf, dass das gelingt», sagte er am Montag in Shanghai.
Eine versteckte Mahnung hatte Scholz auch mit Blick auf Taiwan parat. Es müsse gewährleistet sein, «dass man sich vor seinem Nachbarn nicht fürchten muss», betonte er in einer Diskussion mit Studenten an der Tongji-Universität. Es gibt Befürchtungen, dass die mächtige kommunistische Volksrepublik China die demokratische Inselrepublik Taiwan angreift, die Peking als sein eigenes Territorium ansieht. Die chinesische Führung hat mehrfach mit einer Invasion gedroht. Außerdem streitet sie sich mit Nachbarländern wie Vietnam, Malaysia oder den Philippinen um große Seegebiete im Südchinesischen Meer.
Praxistest für China-Strategie
Die Bundesregierung hatte im vergangenen Sommer erstmals eine umfassende China-Strategie beschlossen. Darin wird das von der kommunistischen Führung mit harter Hand regierte Land als Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale definiert. Kern der Strategie ist es, die wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu verringern, um ein böses Erwachen wie nach dem russischen Angriff auf die Ukraine bei der Kappung der Gaslieferungen zu vermeiden. Der dreitägige Besuch ist auch ein Praxistest für diese Strategie.
Es ist die zweite China-Reise des Kanzlers seit seiner Vereidigung im Dezember 2021. Sein Antrittsbesuch im November 2022 war wegen der noch anhaltenden Corona-Pandemie nur ein Tagestrip. Diesmal nahm er sich drei Tage Zeit - so viel wie noch nie zuvor für ein einziges Land bei einer Reise - und besuchte vor Peking auch die beiden Wirtschaftsmetropolen Chongqing und Shanghai. Das Land mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern ist der größte Handelspartner Deutschlands.
Ein Dutzend Manager und drei Minister dabei
Scholz wird in Peking von einem Dutzend Top-Managern und von drei Ministern begleitet: Volker Wissing (Verkehr, FDP), Cem Özdemir (Agrar, Grüne) und Steffi Lemke (Umwelt, Grüne).