Das Land wird drei Monate nach dem Sturz von Langzeitherrscher al-Assad von schweren KĂ€mpfen erschĂŒttert.
09.03.2025 - 05:25:35Aktivisten melden mehr als Tausend Tote in Syrien. Aktivisten berichten von Massakern und rufen die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf.
Dem Ausbruch der Gewalt in Syrien zwischen AnhĂ€ngern des gestĂŒrzten Langzeitherrschers Baschar al-Assad und den neuen Machthabern sind nach SchĂ€tzung von Aktivisten bereits mehr als 1.000 Menschen zum Opfer gefallen. SicherheitskrĂ€fte der islamistischen Ăbergangsregierung hĂ€tten dabei regelrechte «Massaker» unter den Angehörigen der religiösen Minderheit der Alawiten angerichtet, zu der auch Ex-PrĂ€sident al-Assad gehört. Unter den Getöteten seien 745 Zivilisten, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle fĂŒr Menschenrechte am Abend.Â
Das BlutvergieĂen hatte am Donnerstag begonnen. Laut der neuen Machthaber hatten bewaffnete AnhĂ€nger der gestĂŒrzten Assad-Regierung SicherheitskrĂ€fte in der NĂ€he der KĂŒstenstadt Dschabla in der mehrheitlich von Alawiten bewohnten Provinz Latakia ĂŒberfallen. Die Angriffe der AufstĂ€ndischen schienen koordiniert zu sein, schrieb das Institut fĂŒr Kriegsstudien (ISW) in Washington. Am Freitag verlegte die Ăbergangsregierung deswegen gröĂere Truppenkontingente in die Region. Seitens der Regierungstruppen seien ArtilleriegeschĂŒtze, Panzer und Raketenwerfer eingesetzt worden, hieĂ es.
Angst unter den AlawitenÂ
Vor allem unter den Alawiten seien Angst und Schrecken weit verbreitet, sagte ein Bewohner. «Es gibt viele Ăbergriffe und Tötungen aufgrund der Religionszugehörigkeit. Es kommt auch zu DiebstĂ€hlen», schilderte er. Unter den Todesopfern seien auch Frauen und Kinder, berichtete die in GroĂbritannien ansĂ€ssige Beobachtungsstelle fĂŒr Menschenrechte, die den Konflikt ĂŒber ein Netzwerk von Informanten verfolgt. Sie sprach von Massakern in 29 Orten der Gouvernements Latakia, Tartus, Hama und Homs und warf KĂ€mpfern der islamistischen Ăbergangsregierung Kriegsverbrechen vor.Â
Die AnhĂ€nger des gestĂŒrzten al-Assad wĂŒrden versuchen, diese Morde zu nutzen, um Minderheitengruppen zu mobilisieren, heiĂt es in einem Bericht des ISW. Vor allem unter den Alawiten wachse das GefĂŒhl, dass die Interimsregierung der neuen islamistischen Machthaber sie unterdrĂŒckt und ausgrenzt. FĂŒr ĂbergangsprĂ€sident Ahmed al-Scharaa sind die Auseinandersetzungen die erste groĂe PrĂŒfung. Der frĂŒhere Rebellenchef hatte sich am Freitagabend an die Bevölkerung gewandt und erklĂ€rt, Ăberbleibsel der Ex-Regierung hĂ€tten mit ihren Angriffen versucht, «das neue Syrien zu testen».Â
Versorgung der Bevölkerung wird schwieriger
Die Beobachtungsstelle in GroĂbritannien rief die internationale Gemeinschaft zum dringenden Handeln auf und forderte die Entsendung von Experten, um Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Zudem appellierte sie an die syrischen Behörden in der Hauptstadt Damaskus, die Verantwortlichen fĂŒr die berichteten Hinrichtungen zur Rechenschaft zu ziehen. In Latakia sei es auĂerdem zu AusfĂ€llen bei der Strom- und Wasserversorgung gekommen. BĂ€ckereien hĂ€tten die Produktion eingestellt und MĂ€rkte seien geschlossen, was es der Bevölkerung immer schwerer mache, sich zu versorgen, hieĂ es.Â
NachbarlÀnder sind besorgt
Syriens NachbarlĂ€nder machen sich angesichts der schwierigen Sicherheitslage in der Region Sorgen: Die AuĂen- und Verteidigungsminister sowie die Geheimdienstchefs der TĂŒrkei, Jordaniens und des Irak treffen sich daher heute in der jordanischen Hauptstadt Amman mit ihren syrischen Kollegen, um ĂŒber Sicherheitsbedrohungen, TerrorismusbekĂ€mpfung und organisierte KriminalitĂ€t zu sprechen, wie tĂŒrkische diplomatische Quellen mitteilten. Als ein Fokus der GesprĂ€che gelten auch die Extremisten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Tausende IS-KĂ€mpfer werden in GefĂ€ngnissen im Nordosten Syriens festgehalten.Â
Israel schickt Delegation zurĂŒck an Verhandlungstisch
Derweil wird Israel am Montag eine Delegation in das Golfemirat Katar entsenden, um in der dortigen Hauptstadt Doha die Verhandlungen ĂŒber eine Fortsetzung der Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung der verbliebenen Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas voranzubringen. Das teilte das BĂŒro des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu am Abend mit. Nach Informationen der US-Nachrichtenseite «Axios» wird der US-Sondergesandte Steve Witkoff voraussichtlich am Dienstagabend dazustoĂen.
Ein Hamas-Sprecher erklĂ€rte, es gebe «positive Anzeichen», dass Verhandlungen ĂŒber die zweite Phase des ursprĂŒnglich vereinbarten Abkommens beginnen könnten. Ein israelischer Beamter sagte jedoch der Zeitung «Times of Israel», er wisse nichts von Fortschritten bezĂŒglich GesprĂ€chen ĂŒber die zweite Phase. Diese sieht das Ende des Krieges und den Abzug der israelischen Truppen aus Gaza vor. Israels Regierung will, dass die Hamas einer VerlĂ€ngerung der ersten Phase der Waffenruhe zustimmt - und droht, den Krieg ohne Freilassung weiterer Geiseln von Neuem zu beginnen.Â
USA drĂ€ngen auf EinigungÂ
Die Regierung von US-PrĂ€sident Donald Trump drĂ€nge auf eine Einigung, die zur Freilassung aller Geiseln und zu einer VerlĂ€ngerung der Waffenruhe bis nach Mitte April sowie möglicherweise zu einem langfristigen Waffenstillstand fĂŒhren und den Krieg beenden wĂŒrde, schrieb «Axios». Nach israelischen Informationen werden noch 24 lebende Geiseln und 35 Leichen von Verschleppten in Gaza festgehalten. Da Israel nicht direkt mit der Hamas redet, fungieren Ăgypten, Katar sowie die USA als Vermittler zwischen den beiden Seiten.