Beim Besuch des Kanzlers in Israel geht es um sehr viel: Solidarität mit einem besonderen Verbündeten.
17.10.2023 - 05:23:48Solidarität mit Israel: Scholz reist ins Kriegsgebiet. Deutsche Geiseln in den Händen von Terroristen. Und das Verhindern eines Flächenbrands im Nahen Osten.
Bundeskanzler Olaf Scholz erweist Israel nach dem verheerenden Terrorangriff der islamistischen Hamas mit einem Besuch seine Solidarität: Der Kanzler wird heute in Tel Aviv den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu treffen und mit Angehörigen von Geiseln der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas zusammenkommen.
Der israelische Präsident Izchak Herzog würdigte den geplanten Besuch. «Die Tatsache, dass er der erste Regierungschef eines europäischen Landes ist, der uns besucht, ist ein enormer Ausdruck an Solidarität», sagte Herzog der Deutschen Presse-Agentur. Scholz sei ein großer Freund Israels. Generell sei die Unterstützung der gesamten deutschen Führung, auch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, «unglaublich».
Zehn Tage nach der Attacke auf Israel will sich Scholz über die Lage im Kriegsgebiet informieren, aber auch darüber sprechen, wie ein Flächenbrand in der Region verhindert werden kann. Am Abend reist er weiter nach Ägypten, das als einziges Nachbarland Israels an den Gazastreifen grenzt. Darum geht es bei der nur 20-stündigen Nahost-Mission des Kanzlers:
Solidarität als Staatsräson
Dass Scholz als einer der ersten Regierungschefs nach Israel reist, kommt nicht von ungefähr. Deutschland hat wegen der Ermordung von sechs Millionen Juden im Holocaust eine besondere Verantwortung für die Sicherheit Israels. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sie 2008 zur Staatsräson erklärt. Scholz hat sich das zu eigen gemacht. Jetzt gilt es zu zeigen, was Staatsräson bei einem konkreten Angriff bedeutet.
Vor seinem Abflug gab Scholz Israel erneut ganz klar Rückendeckung für die Militärschläge gegen die Hamas. «Der Überfall der Hamas war ein terroristischer Akt, der unverantwortlich war, der furchtbare Konsequenzen hat, der unglaublich viele Menschen getötet hat und unglaublich viele erniedrigt. Und deshalb hat Israel jedes Recht, sich selbst zu verteidigen.»
Den Iran und die libanesische Hisbollah-Miliz warnte er zugleich vor einer Einmischung in den Konflikt. «Gemeinsam mit unseren Verbündeten setzen wir uns als Bundesregierung mit aller Kraft dafür ein, dass dieser Konflikt nicht weit eskaliert», sagte der SPD-Politiker vor seinem Abflug nach Israel in Berlin. «Ich warne noch mal ausdrücklich die Hisbollah und den Iran, nicht in den Konflikt einzugreifen.»
Konkrete militärische und humanitäre Hilfe
Solche Worte sind wichtig für Israel. Was man dort zuletzt braucht, sind Verbündete, die die Reaktion der israelischen Streitkräfte auf die Terrorattacke kritisieren.
Militärische Unterstützung erwarten die Israelis von Deutschland dagegen bisher kaum. Zwei geleaste israelische Drohnen, die auch bewaffnet werden können, wurden von der Bundeswehr zurückgegeben. Einen Antrag auf Lieferung von Munition für Kriegsschiffe hat Israel nach Angaben der Bundesregierung inzwischen wieder zurückgestellt. Es geht aber auch um humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen, die von Israel vor einer möglichen Bodenoffensive zu Hunderttausenden zur Flucht aufgefordert wurden.
Sorge um die Geiseln
Die israelische Regierung geht derzeit von mehr als 200 Geiseln der Hamas im Gaza-Streifen aus. Darunter sind mehrere Deutsche, zu denen die Bundesregierung keinen Kontakt hat. Scholz wird weiter ausloten, wie man sie lebend aus der Hölle von Gaza befreien kann. Er hat dazu schon in den letzten Tagen Gespräche mit den Staatschefs von Katar, Ägypten und der Türkei geführt - alles Länder, von denen sich Scholz Einfluss auf die Hamas verspricht. Bei diesem Thema gilt aber mit Rücksicht auf die Geiseln strengste Vertraulichkeit. Erfahren wird man dazu nach der Reise nichts.
Treffen mit dem jordanischen König
Der Kanzler wird vor seiner Abreise noch den jordanischen König Abdullah II. in Berlin treffen. Nach Israel wird er dann vom Botschafter Ron Prosor begleitet, der vergangene Woche auch schon mit Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ins Kriegsgebiet gereist war.
Scholz lasse seinen tiefen Solidaritätsbekundungen nun Taten folgen, sagte Prosor vor der Abreise der Deutschen Presse-Agentur. «Wir danken dem Bundeskanzler dafür, dass er an der Seite Israels steht und sind sicher, dass diese Solidarität als Teil der Staatsräson fortbestehen wird, während Israel seiner Mission und seinen Verpflichtungen zum Schutz seiner Bürger nachkommt.»