Bei den Kommunalwahlen in Polen gewinnt die nationalkonservative Oppositionspartei PiS mit knappem Vorsprung.
08.04.2024 - 11:20:53Tusk nach Kommunalwahl: Nicht jammern, arbeiten!. Die Partei von Regierungschef Tusk stellt aber erneut den Oberbürgermeister in Warschau.
Bei den Kommunalwahlen in Polen hat die nationalkonservative Oppositionspartei PiS laut ersten Prognosen die meisten Stimmen bekommen. Die liberalkonservative Bürgerkoalition von Regierungschef Donald Tusk konnte sich aber erneut den wichtigen Posten des Warschauer Oberbürgermeisters sichern und punktete auch in anderen Großstädten. Die Wahlen galten als ein erster Stimmungstest für Tusks Mitte-Links-Bündnis, das Polen seit vier Monaten regiert.
Der Ministerpräsident zog am Tag nach der Wahl ein gemischtes Fazit für seine Partei. «Was freut? Ein Rekordsieg in den Städten, Vorsprung bei den Regionalversammlungen», schrieb Tusk auf der Plattform X (vormals Twitter). Ärgerlich dagegen sei für die Bürgerkoalition die fehlende Mobilisierung junger Wähler sowie das schlechte Abschneiden in den ländlichen Gebieten und im Osten des Landes. «Die Schlussfolgerung für uns? Nicht jammern, an die Arbeit!»
Bei der Wahl der 16 Regionalverwaltungen entfielen 33,7 Prozent der Stimmen auf die PiS, wie die Exit Polls des Meinungsforschungsinstituts Ipsos ergaben. Hochrechnungen sind in Polen nicht üblich, das amtliche Endergebnis wird voraussichtlich erst am Mittwoch bekannt gegeben.
Tusks Bürgerkoalition landete mit 31,9 Prozent auf dem zweiten Platz. Ihr gelang ein großer Erfolg in der Hauptstadt Warschau: Der amtierende Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski wurde im ersten Wahlgang mit 59,9 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Der 52-jährige Trzaskowski war bei der Präsidentenwahl 2020 nur knapp gegen Amtsinhaber Andrzej Duda unterlegen. Er hat Ambitionen, bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr erneut anzutreten. Als Dank an seine Wähler schenkte Trzaskowski Morgen in der Warschauer Innenstadt Kaffee an Passanten aus.
PiS stark im Osten und Süden, Ergebnis als Ansporn für Europawahl
Die PiS, die Polen von 2015 bis 2023 regiert hatte, punktete im katholisch geprägten Osten und Süden des Landes. Das Ergebnis sei für seine Partei vor allem ein Ansporn zur Arbeit, sagte Parteichef Jaroslaw Kaczynski mit Blick auf die Europawahl im Juni.
Bei der Wahl der Regionalverwaltungen entfielen laut den Prognosen zudem 13,5 Prozent der Stimmen auf den christlich-konservativen Dritten Weg. Das Linksbündnis Lewica landete bei 6,8 Prozent. Beide Parteien bilden mit Tusks Bürgerplattform die Regierungskoalition auf Landesebene. Die rechtsextreme Konfederacja bekam 7,5 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag nach vorläufigen Angaben der Wahlkommission bei 51,33 Prozent.
Ergebnis fast wie bei Parlamentswahl
Das Ergebnis der Kommunalwahlen unterscheide sich verblüffend wenig von dem der Parlamentswahl im vergangenen Oktober, sagte der Soziologe Jaroslaw Flis der Zeitung «Rzeczpospolita». Die PiS, deren Umfragewerte seit ihrer Abwahl im Herbst zurückgegangen waren, habe trendwidrig ihre Besitzstände in den Regionen bewahrt. «Wer glaubte, die PiS würde komplett in den Boden gestampft, hat jetzt keinen Grund zur Zufriedenheit.» Bei den Bürgermeisterwahlen hingegen zeige sich, dass die PiS in den Städten zunehmend an Wählerschaft verliere und vielerorts nicht einmal mehr Kandidaten in die Stichwahl schicken könne.
Die gut 29 Millionen Wahlberechtigten entschieden über die Bürgermeister aller Gemeinden und Städte. Außerdem wählten sie die Mitglieder für alle 16 Regionalversammlungen, 380 Kreisräte und 2477 Gemeinderäte. Für die Bürgermeister ist am 21. April noch eine Stichwahl vorgesehen, wenn keiner der Kandidaten in der ersten Runde mehr als 50 Prozent erhalten hat.