Strack-Zimmermann, Eurofightern

Außenministerin Baerbock stößt mit ihrer Äußerung zu einer möglichen Lieferung von Eurofighter-Kampfjets an Saudi-Arabien auf Kritik - auch in der eigenen Partei.

08.01.2024 - 11:29:17

Strack-Zimmermann zu Eurofightern: Taurus an Ukraine liefern

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat zurückhaltend auf die mögliche Öffnung zur Lieferung von Eurofightern an Saudi-Arabien reagiert. «Wer Eurofighter nach Saudi-Arabien exportiert, der muss auch umgehend den Taurus an die Ukraine liefern», sagte die FDP-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Auch Sicherheitspolitik braucht einen Werte-Kompass.»

Die Bundesregierung ist nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock offen für die Lieferung der Kampfjets an Saudi-Arabien. Indem das Land von den jemenitischen Huthis auf Israel abgeschossene Raketen abfange, trage es zur Sicherheit Israels und zur Verhinderung eines Flächenbrandes in der Region bei, sagte die Grünen-Politikerin am Sonntag in Israel zur Begründung. «Gerade deshalb sehen wir nicht, dass wir uns als deutsche Bundesregierung den britischen Überlegungen zu weiteren Eurofightern für Saudi-Arabien entgegenstellen.»

Die Kampfjets sind ein europäisches Gemeinschaftsprojekt, an dem Deutschland beteiligt ist und deswegen ein Vetorecht bei Exportentscheidungen hat. Gefertigt werden sie in Großbritannien, das zu einer Lieferung nach Saudi-Arabien bereit wäre.

Der Taurus ist einer der modernsten Flugkörper der Luftwaffe, auf dessen Lieferung die Ukraine schon seit Längerem hofft. Die Waffen finden auch aus großen Höhen und Entfernungen ihr Ziel und können etwa Bunkeranlagen zerstören. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Anfang Oktober entschieden, vorerst keine Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Dahinter steckte die Befürchtung, dass auch russisches Territorium von den Präzisionswaffen mit einer Reichweite von 500 Kilometern getroffen werden könnte.

Scholz offen für Kampfjet-Lieferungen an Saudi-Arabien

Kanzler Olaf Scholz (SPD) teilt nach Angaben seines Sprechers die Offenheit von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) für Lieferungen von Eurofightern an Saudi-Arabien. «Ja, der Bundeskanzler teilt diese Einschätzung», sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin.

Saudi-Arabien nehme seit dem 7. Oktober «eine sehr konstruktive Haltung» gegenüber Israel ein, sagte Hebestreit. An diesem Tag hatten Terroristen der Hamas Israel überfallen. Diese hätten ihr Ziel, eine Wiederannäherung Saudi-Arabiens an Israel zu verhindern, nicht erreicht. «Die saudi-arabische Luftwaffe hat, auch mit Eurofightern, Raketen der Huthi, die auf dem Weg nach Israel waren, abgeschossen. Und im Lichte all dieser Entwicklungen ist die Positionierung der Bundesregierung, was die Eurofighter angeht, zu sehen. Und das ist eng abgestimmt innerhalb der Bundesregierung.»

Habeck stellt sich an Seite von Baerbock

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat eine mögliche Lieferung von Eurofighter-Kampfflugzeugen an Saudi-Arabien verteidigt. «Die saudi-arabischen Abwehrraketen schützen auch Israel», sagte der Grünen-Politiker und Vizekanzler ARD und ZDF. Die Friedensprozesse in der Region hingen auch daran, «dass sich Saudi-Arabien wohlgesonnen gegenüber Israel aufstellt - und das wollen die auch gerne tun.» Habeck räumte ein, dass die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien weiterhin «gar nicht unseren Standards entspricht». Insofern sei die Situation ambivalent, aber eine andere als vor fünf, sechs Jahren.

Unionsfraktion begrüßt Öffnung der Bundesregierung

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt die Öffnung der Bundesregierung für Kampfjet-Lieferungen an Saudi-Arabien als überfällig. «Saudi-Arabien ist ein wichtiger Sicherheitspartner in der Region», sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johann David Wadephul (CDU) der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Gerade jetzt brauchen wir die Partner in der Region, um dem Terror der Hamas ein Ende zu setzen.»

«Die Bundesregierung hat sich mit ihrem Zögern sicherheitspolitisch, bündnispolitisch und europapolitisch immer mehr ins Abseits manövriert», beklagte Wadephul. Frust sei nicht nur bei wichtigen Partnern in der Region entstanden, sondern auch in Nato und EU. «Es ist wichtig, dass sich die Grünen in dieser Frage endlich schütteln und letzte Zweifel an der Zuverlässigkeit beseitigen.»

Wenn man Gesprächskanäle nutzen wolle, tue man gut daran, belastbare Beziehungen aufzubauen, sagte Wadephul. «In der Golf-Region hat die Bundesregierung in den vergangenen zwei Jahren viel Porzellan zerschlagen, das nur schwer gekittet werden kann. Das grüne Licht für die Eurofighter ist nur ein erster Schritt.»

Kritik für Baerbock aus der eigenen Partei

Grünen-Politikerinnen haben Kritik an der sich andeutenden Kehrtwende der Ampel-Regierung geübt, die Lieferung von Eurofightern an Saudi-Arabien doch nicht weiter zu unterbinden. Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte im RBB-Inforadio, dass sich die Lage seit dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel zwar verändert habe, «weil Saudi-Arabien eine andere Rolle einnimmt, als viele ihnen vor Jahren noch zu getraut hätten, und hier auch Israel unterstützt».

Mit Blick auf die Menschenrechtssituation und die innere Verfasstheit Saudi-Arabiens finde sie eine Lieferung von Eurofightern aber nach wie vor falsch. «Ich fände es richtig, wenn wir bei der Position bleiben, dass keine Eurofighter an Saudi-Arabien geliefert werden.»

Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Sara Nanni, erinnerte im «Spiegel» (Montag) daran, dass sich die Bundesregierung noch im Sommer dazu bekannt habe, keine Eurofighter an das Land zu liefern. Das sei aus guten Gründen geschehen. «Ich erwarte, dass die Bundesregierung dabei bleibt. Es ist keine fünf Jahre her, da hat die von den Saudis geführte Allianz gegen den Jemen großflächig bombardiert.» Zukünftige Kriege der Saudis würden ähnlich aussehen.

Scharfe Kritik von Dagdelen

Die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen hat eine mögliche Lieferung von Eurofighter-Kampfflugzeugen an Saudi-Arabien scharf kritisiert. «Die Lieferung der Eurofighter an Saudi-Arabien ist ein politischer und moralischer Offenbarungseid der Bundesregierung», sagte die Politikerin vom Bündnis Sahra Wagenknecht der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

«Die Glaubwürdigkeit der Ampel ist auf einen Tiefpunkt gesunken», kritisierte Dagdelen. «Die fatale Entscheidung ist auch ein massiver Wahlbetrug, da helfen auch keine Eiertänze bei den unwürdigen Begründungsversuchen.»

@ dpa.de