Außenministerin Baerbock ist zu einer zweiten Runde von Krisengesprächen in den Nahen Osten gereist.
19.10.2023 - 17:51:04Baerbock: Deutschland zu Hilfe für Palästinenser bereit. Neben der Sorge um die deutschen Hamas-Geiseln steht die Angst vor einem Flächenbrand im Mittelpunkt.
Außenministerin Annalena Baerbock hat angesichts der dramatischen humanitären Lage im Gazastreifen weitere Hilfe für die Palästinenser angekündigt. «Der Kampf gilt der Hamas, nicht der palästinensischen Zivilbevölkerung» - auch diese leide enorm, sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag vor ihrem Abflug zu einer neuen Runde von Krisengesprächen nach Jordanien, Israel und in den Libanon.
Zugleich versicherte sie Israel die «unverbrüchliche Solidarität» der Bundesregierung. Sie wolle die Reise nutzen, sich für die Freilassung der Hamas-Geiseln einzusetzen, unter denen Deutsche sind.
Um die Unterstützung für die Zivilbevölkerung in Gaza zu koordinieren, habe sie eine Sondergesandte für Fragen der humanitären Hilfe im Nahen Osten ernannt, teilte Baerbock mit. Deutschland stehe bereit, umfassend Hilfe zu leisten. Man arbeite zugleich intensiv daran, dass deutsche Staatsbürger so rasch wie möglich aus Gaza ausreisen könnten. Das Auswärtige Amt geht davon aus, dass sich eine niedrige dreistellige Zahl an Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft im abgeriegelten Gazastreifen aufhält.
Baerbock an Palästinenser: Sehen Euer Leid
«Schon viel zu viele Frauen, Männer und Kinder sind gestorben», kritisierte Baerbock. «Mir ist daher wichtig, den Palästinenserinnen und Palästinensern deutlich zu machen, dass wir auch ihr Leid sehen. Auch deswegen reise ich in die Region.» Die Bundesaußenministerin traf in Amman auch ihren jordanischen Kollegen Aiman al-Safadi zu einem Gespräch. Am Freitag wollte sie nach Israel und anschließend in den Libanon reisen.
«Terror-Kalkül darf nicht aufgehen»
Baerbock betonte das Recht Israels, sich gegen den Hamas-Terror zu verteidigen - «in dem Rahmen, den das Völkerrecht für solche Ausnahmesituationen vorgibt». Der Terror ziele auch darauf, die bisherigen Annäherungsschritte zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn in Gefahr zu bringen und die arabischen Länder vom globalen Norden zu trennen. «Dieses terroristische Kalkül darf nicht aufgehen», warnte die Ministerin.
UNRWA ruft zur weiteren Unterstützung der Palästinenser auf
Der Generalkommissar des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA im Nahen Osten, Philippe Lazzarini, forderte Deutschland zur weiteren Unterstützung der Palänstinenser auf. Deutschland sei zweitgrößter Geber für seine Organisation. «Ich erwarte, dass Deutschland UNRWA weiterhin unterstützen wird», sagte er vor einem Gespräch Baerbock in der jordanischen Hauptstadt Amman. Es gebe die sehr starke Sorge, «dass die Welt die Palästinenser im Stich lässt».
Die islamistische Hamas hatte Israel am 7. Oktober mit einem blutigen Terrorschlag angegriffen. Israel hat daraufhin angekündigt, die Hamas vernichten zu wollen. Die humanitäre Lage vieler Menschen im Gazastreifen hat sich mittlerweile dramatisch verschlechtert.
Der UNRWA-Vertreter warnte: «Uns gehen die Medikamente aus, uns gehen die Lebensmittel aus.» Das Wichtigste aber sei, «dass es im Gazastreifen keinen sicheren Ort gibt. Die Leute wissen also nicht mehr, wohin sie gehen sollen», sagte Lazzarini.
AA mit «Sonderkrisenstab Geiseln»
«Ich werde diese Reise nutzen, um mit all denen, die über Kanäle zur Hamas verfügen, darüber zu sprechen, wie die Geiseln freigelassen werden können und weitere Kontakte herstellen», sagte Baerbock. Im Rahmen des Krisenstabs der Bundesregierung im Auswärtigen Amt habe man einen Sonderkrisenstab Geiseln eingerichtet. Dieser arbeite rund um die Uhr an der Freilassung der deutschen Geiseln und koordiniere die beteiligten Ressorts und Behörden. Bisher hat die Bundesregierung keinen direkten Kontakt zu den Geiseln.