Außenministerin Annalena Baerbock reist nach Israel, das nach den Terrorangriffen der Hamas-Islamisten unter Schock steht.
13.10.2023 - 06:17:17Baerbock in Israel: Destabilisierung der Region verhindern. Sie will ein Zeichen der Solidarität setzen - und auch mit Deutschen sprechen.
Nach der blutigen Attacke der Hamas-Islamisten auf Israel will Außenministerin Annalena Baerbock mit internationaler Krisendiplomatie eine Ausweitung des Konflikts auf die Region verhindern.
Dabei setzt die Grünen-Politikerin auf Partner und Nachbarstaaten des angegriffenen Landes. «Der Terror der Hamas birgt die Gefahr, eine ganze Region zu destabilisieren», warnte Baerbock heute vor ihrer Abreise zu einem Solidaritätsbesuch in Israel, das nach dem Hamas-Angriff mit hunderten Todesopfern unter Schock steht. «Es gilt jetzt zu verhindern, dass weitere Akteure in der Region Öl ins Feuer gießen», mahnte Baerbock.
«Funken Hoffnung in dieser furchtbaren Zeit»
Wo es zuletzt vorsichtige Annäherungsschritte gegeben habe, wolle die Islamistenorganisation Hamas einen Flächenbrand auslösen, sagte die Ministerin. Hintergrund ist die jüngste Annäherung Israels mit Golfstaaten wie Saudi-Arabien, die in der arabischen Welt hoch umstritten ist. Gemutmaßt wird, dass die Hamas diese Entwicklung mit ihrer Terrorattacke gezielt sabotieren wollte.
Bei einer Gesprächsreihe der Frauenzeitschrift «Brigitte» sagte Baerbock gestern Abend in Berlin: «Jetzt sind alle gefragt. Die engsten Freunde Israels, wir Europäer, wir Deutsche, die Amerikaner, aber natürlich auch die direkten Nachbarn» wie etwa Ägypten. Es sei ein «Funken Hoffnung in dieser furchtbaren Zeit», dass es in den vergangenen Monaten Annäherungen zwischen Israel und anderen Ländern gegeben habe, insbesondere Golfstaaten und allen voran Saudi-Arabien.
Baerbock trifft Israels Außenminister Cohen
Die Außenministerin will in Israel unter anderen ihren Amtskollegen Eli Cohen treffen. Sie werde sich mit ihren Gesprächspartnern insbesondere über die Möglichkeiten zur Unterstützung Israels austauschen, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Zudem werde es um das Schicksal der von der Hamas verschleppten Geiseln gehen. Thema werde auch die weitere Unterstützung jener deutschen Staatsbürger sein, die derzeit aus Israel ausreisen möchten.
Baerbock will sich nach Informationen der Familie bei ihrem Israel-Besuch auch mit der Mutter der mutmaßlich in den Gazastreifen verschleppten Shani Louk treffen. Das Treffen soll am Freitagnachmittag an einem geheimen Ort stattfinden, teilte die Familie der 22-Jährigen in Sulz am Neckar mit. Die deutsche Staatsbürgerin soll bei einem Musikfestival in der israelischen Negev-Wüste von der islamistischen Hamas als Geisel genommen worden sein.
Ihre Mutter, die aus Ravensburg stammt, hatte am Dienstag in einer Videobotschaft erneut um Hilfe für ihre Tochter gebeten. Nach den Worten ihrer Mutter ist die junge Frau schwer verletzt, aber am Leben. Die Familie geht davon aus, dass sich die junge Frau im Gazastreifen befindet. «Wir fordern und wünschen schnelle humanitäre, medizinische und menschliche Hilfe für Shani und alle Gefangenen im Gazastreifen.»
Auch von der Leyen besucht Israel
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reist heute zu einem Solidaritätsbesuch nach Israel. Gemeinsam mit der Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, besuche von der Leyen Israel, «um ihre Solidarität mit den Opfern der Hamas-Terroranschläge zu bekunden» und die israelische Führung zu treffen, teilten die Kommission und das Parlament am späten Abend mit. Genaue Details waren zunächst nicht bekannt.
Kritik an Ausreise-Orga: Warnung vor «absolutem Chaos»
In der ZDF-Sendung «Maybrit Illner» hatte Baerbock Vorwürfe zurückgewiesen, ihr Ministerium habe nicht genug für eine schnelle Ausreise von Deutschen aus Israel getan. Sie verwies auf die schwierige Situation vor Ort und die relativ hohe Zahl von rund 100.000 Deutschen und Doppelstaatlern in Israel. Wenn man alle Ausreisewilligen zum Flughafen gebeten hätte, wäre das «absolute Chaos» entstanden, sagte Baerbock.
Gestern gab es vier Sonderflüge der Lufthansa von Israel nach Deutschland. Damit seien mehr als 1000 Menschen zurückgeholt worden, sagte Baerbock. Für heute sind vier Sonderflüge angekündigt. Zudem bereitet sich die Bundeswehr darauf vor, notfalls ebenfalls deutsche Staatsbürger aus Israel nach Deutschland bringen zu können.
«Drehbuch des Terrors darf nicht greifen»
Die Hamas bringe nichts als Leid und Tod über die Menschen - in Israel und in Gaza, kritisierte Baerbock vor ihrem Abflug. «Es ist Hamas' perfide Strategie, die Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Das Drehbuch des Terrors darf nicht greifen.» Zivilisten bräuchten sichere Räume, in denen sie Schutz finden und mit dem Notwendigsten versorgt werden könnten.