Am fünften Tag der Feuerpause zwischen Israel und der Hamas kommen weitere Gaza-Geiseln frei.
28.11.2023 - 20:24:21Hamas übergibt weitere Gaza-Geiseln. Auch am Mittwoch soll es einen Austausch geben. Ob die Kampfpause danach verlängert wird, ist offen.
Die islamistische Hamas hat eine weitere Gruppe von Geiseln im Rahmen der Feuerpause im Gaza-Krieg dem Roten Kreuz übergeben. Es handle sich um zehn Israelis sowie zwei Ausländer, teilte die israelische Armee am Dienstag mit. Im Gegenzug sollen 30 weitere palästinensische Häftlinge entlassen werden. Es war bereits die fünfte Gruppe an Geiseln, die seit Beginn der Feuerpause am Freitag freikam. Auf Fernsehbildern waren unter den Freigelassenen viele gebrechlich wirkende ältere Frauen zu sehen. Dabei war demnach auch ein Mädchen mit ihrem Hund, der mit entführt worden war.
Die Angehörigen bereits zuvor freigekommener deutsch-israelischer Geiseln äußerten sich unterdessen zum Zustand ihrer Familienmitglieder. Von den am 7. Oktober aus Israel durch Terroristen in den Gazastreifen verschleppten Menschen hatten rund 20 auch die deutsche Staatsbürgerschaft.
Die am Freitagmorgen begonnene zunächst viertägige Feuerpause war unter den bislang geltenden Bedingungen um zwei Tage verlängert worden. Damit könnte sie bis Donnerstagmorgen dauern. Ob sie danach erneut verlängert werden würde, war zunächst unbekannt. Im Hintergrund gab es allerdings Bemühungen um eine Ausweitung. Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, trafen die Chefs des US-amerikanischen Geheimdiensts CIA und des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad am Dienstag zu Gesprächen mit dem katarischen Ministerpräsidenten in Doha ein.
Feuerpause gefährdet
Wie gefährdet die Feuerpause ist, zeigte sich am Dienstag, als es zwischen Israel und der islamistischen Hamas zu einem Schusswechsel im nördlichen Gazastreifen kam. Nach Angaben der israelischen Armee wurden israelische Soldaten beschossen, mehrere leicht verletzt. Diese hätten zurückgeschossen. Zudem seien insgesamt drei Sprengsätze neben Soldaten an zwei Standorten explodiert. Damit sei der Rahmen der Waffenruhe «verletzt worden», hieß es.
Die Hamas bestätigte eine Konfrontation mit der israelischen Armee und warf Israel ihrerseits eine Verletzung der Waffenruhe vor. Die Terrororganisation betonte allerdings, sie fühle sich weiter an die Vereinbarung gebunden, solange Israel sich ebenfalls verpflichtet fühle.
Bemühungen um Ausweitung der Feuerpause
Bei den Gesprächen in Doha zwischen CIA-Direktor William Burns und Mossad-Chef David Barnea sowie Katars Ministerpräsident Abdulrahman Al Thani gehe es um die Ausweitung der Bemühungen zur Feuerpause im Gaza-Krieg, sagte eine mit den Gesprächen in der katarischen Hauptstadt vertraute Person am Dienstag der dpa. Auch die nächsten Phasen eines möglichen Abkommens standen demnach bei dem Treffen, an dem auch ägyptische Vertreter teilnehmen sollten, auf der Tagesordnung.
Katar sowie Ägypten hatten in Absprache mit den USA in den vergangenen Wochen zwischen Israel und der Hamas vermittelt. Vor allem Katar hat sehr gute Kontakte zur Hamas, in dem Emirat am Golf lebt auch die Hamas-Führungsspitze.
Seit Beginn der Feuerpause waren bis zum frühen Dienstagabend 69 der rund 240 im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln freigekommen. Unter ihnen waren insgesamt 51 Israelis, von denen zehn auch eine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Im Gegenzug für die freigelassenen israelischen Geiseln wurden 150 Palästinenser aus Gefängnissen in Israel entlassen.
Katar: Können Zahl der verbleibenden Geiseln nicht bestätigen
Nach Angaben des Vermittlers Katar sollten auch am Mittwoch weitere Geiseln freikommen. Zahlen zu verbliebenen Geiseln im Gazastreifen könne Katar nicht endgültig bestätigen. Es gebe dazu viele Schätzungen. «Aber wir können keine dieser Zahlen bestätigen», sagte der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Madschid al-Ansari, am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Das Golfemirat Katar bemühe sich demnach weiter um eine Verlängerung der Feuerpause. Ziel sei ein dauerhafter Waffenstillstand.
Deutsche Gaza-Geiseln haben «Traumatisches durchgemacht»
Die Familie mehrerer deutsch-israelischer Geiseln, die zuletzt freikamen, versucht nach Angaben von Angehörigen nun wieder ins Leben zu finden. Dies sei für ihre Tante, ihre Cousine und deren zwei Kinder ein langer Prozess, sagte Shira Havron der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag am Telefon. «Sie alle haben Traumatisches durchgemacht.» Über die Bedingungen und die Erlebnisse der Geiselhaft ihrer Verwandten durfte Havron eigenen Angaben nach aber nicht sprechen.
Die islamistische Hamas hatte ihre Verwandten am Samstag im Rahmen des Abkommens mit der israelischen Regierung freigelassen. Die vier haben neben der israelischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Ihrer 67 Jahre alten Tante Shoshan, deren 38 Jahre alten Tochter Adi sowie deren beiden Kindern gehe es nach ihrer Freilassung aus dem Gazastreifen körperlich gut, sagte Havron. «Aber der Mann meiner Cousine wird noch immer dort festgehalten.» Ohne den 38 Jahre alten Tal sei das Bild nicht komplett.
Hamas ruft zu weltweiten Solidaritätsprotesten auf
Die islamistische Terrororganisation Hamas rief für Mittwoch zu weltweiten Protesten und Solidaritätsmärschen mit den Menschen im Gazastreifen auf. Sie verwies dabei auf den Internationalen Tag der Solidarität mit dem palästinensischen Volk, der jährlich am 29. November begangen wird. In dem am Dienstag verbreiteten Aufruf warf die Hamas Israel unter anderem Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg vor, der am 7. Oktober begonnen hatte.
Auslöser des Krieges war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze begangen hatten. Dabei wurden mehr als 1200 Menschen getötet. Etwa 240 Geiseln wurden nach Gaza verschleppt, auch mehrere Deutsche.
Israel reagierte mit massiven Luftangriffen, einer Blockade des Gazastreifens und begann Ende Oktober eine Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben der Hamas fast 15.000 Menschen getötet. Mehr als 36.000 wurden demnach verletzt. Die Zahlen lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.